Inkontinenz ist kein Schicksal, mit dem man sich ab einem bestimmten Alter abfinden muss. Frauenärzte und Urologen raten inzwischen auch nicht mehr gleich zu Operationen im empfindlichsten und intimsten Bereich des Körpers, sondern bieten eine große Auswahl von Behandlungs- und Therapiemöglichkeiten. Diese basieren auf dem individuellen anatomischen Problem, welches der Arzt durch eine ausführliche Diagnose feststellt. Grundsätzlich lassen sich Ansätze der konservativen und operativen Therapie unterscheiden.
Konservative Therapien umfassen Empfehlungen zur allgemeinen Lebensführung, krankengymnastische Behandlung und die medikamentöse Behandlung. Die Behandlung richtet sich nach der Art und der Ursache sowie nach dem Schweregrad der Inkontinenz. Bei der Drang-Inkontinenz stehen konservative Behandlungen im Vordergrund, da durch operative Maßnahmen die Beschwerden oft sogar verstärkt werden. Und auch bei leichten Beschwerden einer Belastungs-Inkontinenz können konservative Maßnahmen die Situation deutlich verbessern. Ebenso lassen sich bei 70 bis 80 Prozent der Stuhlinkontinenz-Betroffenen mit konservativen Therapiemethoden gute Behandlungsresultate erzielen. Ziel dabei ist grundsätzlich die Kräftigung und verbesserte Koordination des Beckenbodens und der Schließmuskeln.
Konservative Therapien bei Stuhl-, Drang- und Belastungs-Inkontinenz im Überblick
Empfehlungen zur allgemeinen Lebensführung: Diese sind im Grunde durch jeden Patienten durch Disziplin und ohne die Gefahr von negativen Nebenwirkungen umsetzbar:
- Gewichtsabnahme zur Entlastung des Beckenbodens
- Umstellung der Ernährung auf ballaststoffreiche Kost zur Vermeidung von Verstopfung
- Vermeidung des Hebens schwerer Lasten
- Verzicht auf das Rauchen, da dieses Inkontinenz noch fördert.
Beckenboden-Training
Eine leichte Blasenschwäche bzw. leichte Inkontinenzformen können bereits durch ein intensives Beckenbodentraining behoben werden. Geschulte Physiotherapeuten helfen dabei, die richtige Technik anzuwenden und führen passende Übungen vor. Das Beckenbodentraining kann auch mithilfe einer Elektrotherapie vorbereitet werden – zum Beispiel nach einer Operation. Dabei sendet eine Elektrode, die mit einer Art Tampon eingeführt wird, elektrische Impulse an die Beckenbodenmuskeln. Dies geschieht völlig schmerzlos, und führt dazu, dass sich die Muskeln rhythmisch anspannen und kräftiger werden.
Beckenbodentrainer
Ein starker Beckenboden ist ein effektiver Schutz vor Blasenschwäche. Mit diesem Beckenbodentrainer kräftigen Sie ganz bequem zu Hause das stützende Muskelgeflecht und beugen Inkontinenz vor.
Training für Anfänger
Training für Fortgeschrittene
Bio-Feedback
Sogenannte Bio-Feedback-Geräte geben Ihnen durch einen Ton oder ein optisches Signal mit Hilfe von Sensoren eine Rückmeldung dazu, wie sehr Ihre Beckenbodenmuskulatur angespannt ist. So bekommen Sie ein neues Gefühl für diese Körperpartie.
Östrogen-Therapie
Die Behandlung mit weiblichen Hormonen (Östrogene) in den Wechseljahren kann durch den verbesserten Aufbau der Schleimhäute eine Belastungs-Inkontinenz mildern. Allerdings müssen hier auch die Risiken der Östrogentherapie berücksichtigt und mit dem behandelnden Arzt besprochen werden.
Pflanzliche Medikamente
Mit Wirkstoffen wie Goldrute oder Kürbis sind Medikamente auf pflanzlicher Basis mögliche Optionen für Männer mit einer leichten Drang-Inkontinenz. Bei schwereren Formen lässt der Drang eventuell nach, wenn krampflösende Mittel eingenommen werden. Auch gegen Überlauf-Inkontinenz in Folge einer vergrößerten Prostata werden häufig pflanzliche Medikamente verschrieben. Eine Therapie ist aber ebenso mithilfe von Arzneien möglich, die den Blasenverschluss lockern oder die Prostata verkleinern. Spezielle Medikamente können bei einer Reflex-Inkontinenz verhindern, dass die Blasenmuskulatur spontan aktiv wird.
Katheterisierung
Bei der Reflex-Inkontinenz wird häufig eine Selbstkatheterisierung unter Mitarbeit und entsprechender Anleitung des Betroffenen empfohlen. Damit wird zum Schutz der Nieren eine vollständige Blasenentleerung mit möglichst geringem Drücken angestrebt.
Miktionstagebuch
Im Rahmen einer Therapie wird vielfach die Führung eines so genannten Miktionsprotokolls (Miktion ist die vollständige Entleerung der Harnblase) empfohlen. Denn es hat sich bewiesen, dass es zu schwierig ist, sich das eigene Trink- und Blasenverhalten über Tage und Wochen zu merken und anschließend beim Arztbesuch zu berichten. Ein sorgfältig geführtes Protokoll ist eine deutlich sicherere Grundlage im Arztgespräch, um über Behandlungserfolge zu urteilen. Im Internet finden sich viele Vorlagen von Protokollformaten zum Download – mit einem solchen Ausdruck ist es sehr einfach zu notieren, wie viel getrunken wird, wann Harndrang auftritt bzw. die Toilette aufgesucht wird und ob Inkontinenz aufgetreten ist. Die Flüssigkeits- oder Stuhlmengen können so von der betroffenen Person selbst geschätzt und eingetragen werden.
Operative Therapien
Operative Therapien sind vor allem bei schweren Formen der Belastungs-Inkontinenz möglich, allerdings grundsätzlich das letzte Mittel der Wahl. Da in der sensiblen Unterleibsregion nach Operationen häufig Narbengewebe entsteht, das wiederum Beschwerden verursachen kann, zögern selbst erfahrene Chirurgen inzwischen operative Eingriffe soweit möglich hinaus. Mittlerweile haben sich ca. 20 verschiedene Verfahren etabliert, um den Beckenboden operativ zu rekonstruieren.
Auch bei der Drang- und Reflex-Inkontinenz können heute operative Einsätze vorgenommen werden, eine vollständige Heilung ist hierbei jedoch schwieriger. Bei der Überlauf-Inkontinenz besteht die einzige operative Möglichkeit meist nur in der Entfernung eines Abflusshindernisses.